Internet Moneyfest – die wahren Top 17 Journalismus-Thesen

Internet Moneyfest – die wahren Top 17 Journalismus-Thesen

Internet Manifest (Moneyfest)
Internet Manifest (Moneyfest)

Was soll das denn? Sind die Ghostwriter von 15 deutschen Promi-(Blogger)-Journalisten von allen guten Geistern verlassen? Ein nächtlinks fett platzierter Mediabait führt die eigens aufgestellten Thesen postwendend ad absurdum. Beim Lesen dieses Manifestes fiel mir sofort ein Slogan meiner Jugend ein: „Im Asbach Uralt liegt der Geist des Weinens!“ – Jepp, dass isses. Aber was soll das? Fürchten die Erfolgsblogger um Quoten? Wollen sie die Gunst der Stunde nutzen und die linken Parteien weiter zum Selbstzerfleischen animieren? Oder haben sie beim Rudelkiffen das Tape mitlaufen lassen? … Wie auch immer – das selbstbeweihräuchernde Internet-Manifest ist ein krasser Angriff auf die Spaßgesellschaft und schreit nach einer rüden Gegenattacke. Ich nenne es „Das Internet-Moneyfest“.

1. Das Internet ist genauso.

Es ist kein Stück anders. Es ist Teil der selben kaputten Welt. Internet-Journalisten sind auch nur Menschen, die zuhause vorm Fernseher lümmeln oder sich in der U-Bahn am Sack kratzen.

2. Das Internet ist ein weltumspannender Kabelsalat.

Das Web basiert auf weltweiter Verkabelung, die von anderen finanziert oder subventioniert wurde.  Online-Journalismus im Web setzt sich in gemachte Nester.

3. Das Internet ist nicht die Gesellschaft.

Für die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt gehören Angebote wie Popstars, Ballermann und McDonalds zum täglichen Leben. Wenn Internet-Blogger eine Existenz wollen, müssen sie die Lebenswelt der Nutzer verstehen und sich ihrer Kommunikationsformen annehmen. Hochtrabende, nichts-sagende Manifeste verschrecken die Zielgruppe.

4. Die Freiheit des Internet ist antastbar.

Zensursula ist real. Statt im Duktus schöngeistiger Umnachtung die Welt mit Larifari-Manifesten zu bombardieren, sollte man lieber mal konkret werden.

5. Das Internet ist das Ende der Wissenskultur.

Oskar Lafontaine - Henker der Linken
Oskar Lafontaine - Henker der Linken

Während für einzelne Menschen bisher wenigstens Allgemeinbildung auf Grundwasser-Niveau erforderlich war, bildet  das Internet das synaptische Ende zwischen Hirn und Welt. Selbst für Grundbedürfnisse des täglichen Lebens findet man das entsprechende How-To-Video („How-to-piss-in-a-toilett“). Wenn Wissen sich weiterentwickelt, dann durch zufällig manipulierte Suchergebnisse.

6. Das Internet ist das Ende des Journalismus.

Es ist kaum anzunehmen, dass der Journalismus in einer durchs Assi-Web zunehmend verblödeten Gesellschaft noch irgendeine Rolle spielt.

7. Promiblogger verlangen Vernetzung.

Linkgeiz ist geil – zumindest bei Promibloggern. Die gerne praktizierte Zirkel-interne Verlinkung wird kaum Links durch andere generieren. Promiblogger sind zum Aussterben verdammt.

8. Links belohnen, Zitate zieren. Wen?

Suchmaschinen und Aggregatoren fördern den Ego-Journalismus: Sie erhöhen langfristig die Auffindbarkeit von jedweden Schwachsinn und sind so integraler Teil der neuen, vernetzten Öffentlichkeit. Ein vernetzter Gesellschaftsdiskurs ist nicht schützenswert, weil er als „Eliteblogger-Laberei“ kaum Relevanz besitzt.

9. Das Internet ist der neue Ort für den hallozinogenen Diskurs.

Steinmeier SPD - Gratis Geld für alle!
Steinmeier SPD - Gratis Geld für alle!

Demokratie lebt von Beteiligung und Informationsfreiheit. Wenn der „neue“ Journalismus für die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit zuständig ist, wird die Demokratie bald mit rotem Hahnenkamm durch Talkshows gereicht und schwitzend stotternd oktruiert. Grelle Web-Drogen für das Volk…

10. Die neue Pressefreiheit heißt Meinungsfreiheit.

Im Internet sind Amateur-Journalisten auch Profis. Und die Profis verhalten sich wie Amateure. Deshalb sollten die Einnahmen der Profi-Blogger gerecht und anteilig unter allen Bloggern aufgeteilt werden. Denn: Freiheit kann man nicht fressen.

11. Weniger ist mehr– es gibt zuviel Information.

Die Flut unüberprüfter Information macht Pamphletisten, Enzyklopädisten und Journalisten zu kirchengleichen Eklektististen, die bewiesen wollen, dass mehr Informationen zu mehr Freiheit führt.

12. Bloggen ist ein Geschäftsmodell.

Mit journalistischen Inhalten lässt sich im Internet Geld verdienen. Gut so – für die, die damit Geld verdienen. Wer zuerst kommt, mahlt eben zuerst. Bloss nichts ändern, damit wir Euch weiterhin kraftvoll zuscheißen können.

13. Im Internet wird das Urheberrecht zur Bürgerpflicht.

Girokonto - Geld
Girokonto - Geld

[Dieser Passus ist so abstrus, dass mir nichts dazu einfällt] Es lebe das Urheberrecht! (Wie lange profitiert man eigentlich vom urheben?)

14. Das Internet kennt nur eine Währung.

Geld! Werbung! Geld! Geil! Mehr! Geld! Journalismus! Geil! Geld!

15. Was im Netz ist, bleibt im Netz.

Darum muss man es in guter Oberlehrermanier korrigieren. Auch dann, wenn es falsch ist.

16. Quantität bleibt die wichtigste Qualität.

Das Internet liebt gleichförmige Massenware. Die Ansprüche der Nutzer sind gestiegen. Gleichzeitig sinkt das Niveau der Nutzer mit zunehmender Verbreitung in höherem Maße. Journalismus muss sich entscheiden, welchem seiner oft formulierten Grundsätze er treu bleiben will.

17. Alle für 15.

Einfach reich und schön sein!
Einfach reich und schön sein!

Das Web stellt eine den Massenmedien des 20. Jahrhunderts überlegene Infrastruktur für den gesellschaftlichen Austausch bereit: Die “Generation Wikipedia” weiß im Zweifel gar nichts. Blogger mit Standesdünkel und ohne den Willen, diese Dummheit zu respektieren, werden von diesen Nutzern nicht ernst genommen. Zu Recht. Nicht der besserwissende, sondern der kommunizierende und hinterfragende Journalist ist gefragt. – In der Tat!

Hier gehts zum „Original Internet Manifest

Internet, Satire -Abteilung, 07.09.2009

Für die, die es nicht verstanden haben: dieser Artikel ist eine kritische Persiflage. Im Grunde habe ich gar nichts gegen die Behauptungen, die in dem Manifest aufgestellt wurden. Nur: Wenn 15 deutsche Top(Blogger)Journalisten einen gemeinsamen Text verfassen, kann man ja wohl etwas mehr als nur abgedroschene Wischi-waschi-Formulierungen auf Abi-Zeitung-Niveau erwarten. Für den Desinteressierten unverständlich und für Interessierte an den Haaren herbeigezogen.

Es kommt mir so vor, als wenn die versammelte Mannschaft mit imperativem Wir die Gunst der Wahl-Stunde nutzt, um sich selbst – und nur sich selbst – zu manifestieren. Fazit: die richtige Botschaft von falschen Botschaftern… Abgesehen davon ist das Gefasel von Opa Burda natürlich noch schlimmer…

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Internet Manifest (Moneyfest) Top 17 Journalismus-Thesen
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18 Gedanken zu „Internet Moneyfest – die wahren Top 17 Journalismus-Thesen

  1. Wenn ich sehe, wie viele Knallchargen das Manifässchen auch noch unterschreiben, wird mir Angst und Bange.
    Schön, dass ich Deine verbesserte Version gefunden habe.
    Betablogger für die Alphablocker!

  2. das traurige ist: entscheidungsträger, die oft nicht das geringste mit dem internet und seinen strukturen am hut haben, werden dieses „manifest“ durchaus ernst nehmen und diesen www (wichtigtuerischen web wichteln) weiterhin das geld wie zuckerguss in den arsch blasen.

    sie nennen sich „internetexperten“, werden nicht müde dies zu betonen, halten ihre fresse in jede kamera und haben in wirklichkeit nicht den geringsten schimmer. sie behaupten für uns zu sprechen, doch haben keinerlei einblick.
    das internet ist NICHT populär. das internet IST, und damit hat es sich. nicht mehr, nicht weniger.
    es ist wirklich an der zeit, diese „popkulturisten“ wegzuekeln (und das ist einfacher als man denkt).

    mfg

  3. Ich möchte ein schlichtes „Word!“ hier lassen.

    Dieser inzestuöse Haufen darf sich gerne gegenseitig auf die Schultern klopfen, bis es kracht.

    Was er nicht darf: denken, er könne für mich sprechen. Das mach ich dann doch lieber selber.

  4. Pingback: omBuzzer.de
  5. Schön, Dein Punkt 7. Das ist mir das größte Übel. Diese PR-Blogger und Kommunikationstrainer und Social Media Gurus bloggen 3 bis 12 Artikel am Tag und verlinken nicht ein einziges Mal auf andere interessante Quellen. Maximal auf Spiegel Online ganz unten am Ende des Gedankenergusses mit „Quelle: blabla“.

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