Das Google+ Projekt – Ist das der Facebook-Killer?

Das Google+ Projekt – Ist das der Facebook-Killer?

Google+ Projekt
Google+ Projekt

Google hat sein neues Social-Media Konzept veröffentlicht: Das Google+ Projekt. Allerdings ist es noch eine closed Beta (Alpha?). Man kann sich bewerben, um in der geschlossenen Testphase dabei zu sein. Offenbar hat Google seine Medien-Strategie genau geplant: zunächst das Bedürfnis wecken, dann werden vermutlich viele rein gelassen, es werden ein paar Bugs repariert (für die man natürlich in einer closed Beta Verständnis hat), und wenn dann erst mal viele dabei sind, wird die Sache schon ins Rollen kommen.

Zunächst das Übersichtsvideo, mit dem Google sein Plusprojekt vorstellt:

Google+ besteht bislang aus fünf Bereichen. Und wenn man sich die Info-Videos anschaut und versteht, was Google da vorhat, dann steht das Ganze unter einer Überschrift:

Google+circles : Freunde, ab in die Schubladen

Allerdings nennt Google das nicht Schubladen, sondern +circles bzw. Kreise. Die Idee, das Grundkonzept von Googleplus ist, dass man seine Social-Media-Kontakte und Aktionen zielgerichtet gruppiert. Also nicht mehr alle Infos an alle, sondern zum Beispiel den guten-Morgen-Gruß an die Familie und die versoffenen Partyfotos nur an die Schulfreunde.

Das Ganze wird in einem schönen, einfach zu bedienenden, mobile-tauglichen „Drag & Drop-Design“ präsentiert. Ohne es genau zu sehen zu haben, wage ich allerdings jetzt schon mal die Prognose, dass das Usability-technisch nicht klappt: Kreise sind einfach in digitalen Medien nicht geeignet. Zu viel notwendiger Leerraum… Na mal abwarten.

Wider den Freundschaftsbrei

Auf jeden Fall ein interessantes Konzept. Und eine klare Abgrenzung zu faceBook. Google schreibt selber zu den bisherigen „Freundschaftsbrei“ (!):

  • Es ist ungenau. Man will eigentlich nur mit bestimmten Leuten zu bestimmten Zeiten Kontakt haben, aber online kriegt man von jedem immer alles mit.
  • Es ist beängstigend. Jede Online-Unterhaltung (mit über 100 „Freunden“) ist ein öffentlicher Auftritt, also teilt man sich oft weniger mit, weil man Lampenfieber hat.
  • Es ist unsensibel. Jeder von uns definiert „Freund“ und „Familie“ anders, nach ganz eigenen Gesichtspunkten. Diese feinen Unterschiede gehen online verloren.

Quelle: „Das Google+ Projekt

Ein klarer Hieb in Richtung faceBook. Und ich kann nur sagen: stimmt, Google. Alles bisherige ist in der Tat ein „Freundschaftsbrei“.

Die Frage wird natürlich sein, ob Google die Massen richtig einschätzt. Denn das Ordnen und Sortieren von sozialen Kontakten macht natürlich Arbeit.

Google+sparks : Seichte Unterhaltung made by social network

Google PlusOne - kein Aprilscherz!
Google PlusOne - kein Aprilscherz!

Basierend auf diesem Gruppen-Gedanken mischt sich nun der +1 Button ins geschehen. Den hat Google ja schon kurz vor dem 1. April vorgestellt, was ich ja frecherweise zu einem fiesen Aprilscherz umgemünzt hatte. Mit Hilfe von +Sparks kann man sich die Empfehlungen aus seinem Social-Network anschauen. Also, wenn man mal nichts Besseres zu tun hat, meint Google wohl. Im Grunde so eine Art Twitter-Timeline, in die eben das einfließt, was die Freunde mit dem +1-Button empfehlen.

Während sich +Circles also gegen Facebook richtet, zielt +Sparks auch darauf ab, twitter zu plätten. Zumindest verstehe ich es so. Die timeline soll nicht mehr ungeordnet sein, sondern basiert auf Empfehlungen. Im Grunde macht faceBook nicht anderes, wen ich es richtig verstanden habe. Egal…

Google+hangout – die Eck-Kneipe des Social-Web

So richtig nach vorne geht +Hangout – offenbar die Plattform für das Rumlungern im Social-Web. Dabei handelt es sich im weitesten Sinne um einen Videochat. Also man haut sich nicht nur Buchstaben um die Ohren, sondern nervt andere mit der eigenen Fratze. Naja, im Google-Video sind das natürlich alles attraktive Menschelchen ;-) Auf jeden Fall zielt Hangout darauf ab, Skype und andere Videochat-Dienst überflüssig zu machen.

Google+Hangouts
Google+Hangouts

Der Erfolg von +Hangout wird natürlich extrem davon ab, wie gut die Bildqualität ist und ob das Ganze ruckelfrei zu benutzen ist. Ich bin da zwar eigentlich skeptisch, aber andererseits kann man bei Google auf jeden Fall sicher sein, dass sie enorme Ressourcen dafür bereitstellen können.

Ich seh schon kommen, dass wir in einigen Monaten eine Reihe von Seo-Hangouts organisieren. Der Seonaut wird dann in Realtime über die Seoszene herfallen – und alle machen mit :D Das könnte lustig werden…

Google +mobile – äh, und…?

Das schwächste Glied in dem Google-Plus-Konzept ist meines Erachtens der Bereich mobile. Damit kann man zum Beispiel seinen Standort mitteilen. So kann der andere schnell vorbeikommen, und man kann von Angesicht zu Angesicht miteinander telefonieren… Ist diese Standort-Nummer nicht längst üblich?

Und dann die Sache mit den Fotos… „Es kostet viel Aufwand, Fotos vom Telefon herunterzuladen, also lassen es viele Leute einfach sein.“ behauptet Google einfach mal ganz frech. Ist das so? Vielleicht wollen einige Menschen ihre Fotos gar nicht einfach mal so ins Web hochladen? Na egal, eine Revolution ist es nicht gerade.

+huddle – realtime-Doodle oder was?

Auch das fünfte Konzept von Googleplus ist mir nicht ganz klar. Es handelt sich um einen „Gruppenchat“, mit dem man sehr einfach Termine absprechen können soll. Ja, äh… Wenn man, wie unter +circles beschrieben, sich so eine Gruppe organisiert hat, kann man natürlich Termin absprechen… Oder habe ich da was falsch verstanden. Mir scheint bei +huddle (was mit btw. doch arg eine eine Hunderasse erinnert), nur so eine Art Unterstreichung der Möglichkeiten von +circles zu sein. Aber wie auch immer …

Fazit: Durchbruch oder Durchfall?

Nach meiner spontanen Einschätzung hat Google mit dem plusProjekt endlich einen ordentlichen Facebook Konkurrenten am Markt. Theoretisch, mein ich. Denn das Ganze ist natürlich nur eine technische Umgebung. Das besondere an einem social network ist ja eben, dass es social ist. Ohne Menschen funktioniert es nicht. Und wenn ich nicht genügend, bzw. eigentlich alle, Menschen, potentiellen Freunde etc. in dem System habe, dann ist es im Grunde unattraktiv.

Google Hauptproblem ist also nicht das Produkt, sondern der Zug, der längst abgefahren ist. Eigentlich müsste Google alle facebook Nutzern sagen: Kommt alle her, hier ist es besser. Und wenn dann alle zu Google wechseln, dann ist es vermutlich tatsächlich besser. Aber wird das passieren? Ich glaube nicht. Zumindest nicht einfach so. Google wird nach meiner Einschätzung in der nächsten Zeit eine massive Kampagne starten, um faceBook-Nutzer abzuwerben.

Also: Facebook-Killer: nein! Denn zum Facebook-killen braucht man nicht eine technische Plattform oder Umgebung, sondern die Menschenmassen, die es nutzen. Die Frage wird sein: wie viele Leute hassen facebook und sind wechselwillig?

Wer nutzt hier wen oder was?

Zum erfolgreichen Start von GooglePlus wird bestimmt gehören, dass das Ganze zunächst Werbefrei ist. Denn Werbung stört, und insbesondere in sozialen Netzen, in denen die Werbung offenbar auf mein Persönlichkeitprofil zugeschnitten ist, kommen einem schon manchmal Zweifel, ob ich das System nutze oder das System mich benutzt. Aber mittel- bis langfristig wird Google das Ganze natürlich monetarisieren. Wie, wird man dann sehen, aber bis dahin wird es ein mächtiges Minusgeschäft sein…

[Update: Kleiner Spaß am Rande: wer auf GooglePlus Games wartet, kann ja mal hier vorbeischauen: Das GooglePlus Game :-) ]

Hier die offizielle PlusProjekt-Seite, auf der man sich auch um Teilnahme bewerben kann. Und im Folgenden die Videos, die Google zu den Pluspunkten bereitgestellt hat:

Das schreiben andere

 

33 Gedanken zu „Das Google+ Projekt – Ist das der Facebook-Killer?

  1. Ich denke Google hat das Zeug dazu „Facebook zu killen“. Aber eher in dem Sinne das generell jeder an einer Alternative interessiert ist und sich zumindest um es sich mal anzuschauen anmelden wird. Wenn Google dann mit den richtigen Alternativen und Ideen den Nutzer von sich überzeugen kann, reicht es ja im Grunde genommen wenn bestimmte Hubs das ganze Teil weiter empfehlen, so sind wir schließlich auch alle irgendwann mal zu Facebook gekommen. Dafür müssen Sie aber bestimmte Dinge besser machen als Facebook und ich denke darin liegt eher die Schwierigkeit als in der Zahl der angemeldeten Personen, die sollten ja wie gesagt von alleine kommen wenn Google einen wirklichen Mehrwert als Facbook bietet

  2. Hallo Martin,

    mit dir will ich kein Duell. Bevor man richtig nachdenkt, hast du schon aus dem Halfter gezogen und getroffen :)

    Ein schöner und zugleich sehr treffender Artikel! I Like!

    Ich fürchte allerdings, dass wir mal wieder einen Flop begutachten. Google ist auf der einen Seite nicht cool genug, auf der anderen Seite aber auch zu wenig professionell, um soetwas an den Start zu bekommen.

  3. Ich hab ja auch geschrieben wie der Teufel… :D

    Übrigens sorry für den riesen Trackback.. keine Ahnung warum der so groß ist?

  4. @Constantin: Ich glaube, dass das mit cool oder professoniell nichts zu tun hat. Die Frage ist: wie kann man Messen bewegen, sich auf etwas anderes einzulassen. Im Grunde ist es wie mit bing: die Leute wechseln einfach nicht, weil sie gewohnt sind, mit Google zu suchen. Genau das geliche Problem hat Google mit facebook: warum sollten die leute ihre gewohnte Umgebung aufgeben. Da muss Google mehr bieten. Die Schubladennummer ist zwar ein deutlicher Schritt nach vorn, aber ob das die Massen begeistert?

    @Pascal: ja, hab ich alles rausgeworfen :-)

  5. Schöner Beitrag Martin, aber meines Erachtens ziemlich voreingenommen. Natürlich hast du recht damit das Google’s Erfolg davon abhängen wird das sie Massen von FB-Nutzern zum wechseln bewegen. Andererseits kann man auch auf mehreren Portalen unterwegs sein.

    Facebook ist zwar die unbestrittene Nr.1, allerdings hat es derart viele Schwächen das Google hier sicherlich eine gute Chance hat FB den Kampf anzusagen.

    Vor allem die Horden an SEO’s werden dafür sorgen das Google+ erfolgreich sein wird, wenn ich an die viel beschworenen Social Media Signale denke.

    So schnell wie Facebook zum Superstar aufgestiegen ist, so schnell kann es auch wieder tief fallen. MySpace lässt grüßen.

  6. Ich finde das mit den Kreisen gar nicht mal schlecht. Google hat das einfach wörtlich genommen und visuell umgesetzt. Man verwendet ja auch in der Umgangssprache Begriffe wie Freundeskreis, Bekanntenkreis usw.

    Ob das Gesamtkonzept erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

  7. Ich bin auch der Meinung das Google das Knwo-How dazu hat Facebook Marktanteile abzuknöpfen und die Finanzen allemal. Konkurrenz belebt das Geschäft und das sollte Facebook durchaus mal zu spüren bekommen ;o)

  8. Bin hier auch der Meinung von tagseoteam:

    Google ist ne Suchmaschine
    Facebook ist ein Socialnetwork

    Das Google hier mitmischen will, ist verständlich; das Leute aber Google als Social Network trauen und deswegen Ihre Facebook-Profile verlassen: no way!

    Ausserdem kann man Facebook auch ganz einfach über Einrichtung von Gruppenprofilen steuern, daher….

  9. Hi Martin,
    guter Artikel und einer der ersten in DE ;)

    Glaube Google meint mit Sparks eher allgemeine Fundstücke aus dem Netz die zu Deinen vorher definierten Interessen passen. Völlig unabhängig von Deinen Freunden.

    Gruß
    Marcus

  10. Ich würde sagen, wenn Google die Facebook-API ansteuern haben die eine richtig gute Ausgangsposition. Da macht das Nutzen auch mit weniger bekannten aus Google+ Sinn – Alle die Google nicht vertrauen bleiben dann erst mal bei Facebook.

  11. Pingback: Goeo.de
  12. Also ich bin mir nicht sicher ob Google+ wirklich der Facebook killer wird/ist. Wenn sie noch ein paar nette widgets draufpacken dann vielleicht. Gut gefallen mir die spark funktion, circles finde ich praktisch, weil man da sehr gut selektieren kann zwischen freunde familie oder flüchtige bekannte sowie das hangout, also video chatten mit bis zu 10 Teilnehmern gleichzeitig.

  13. Im Moment liegt Facebook vor. Das sieht man schon wenn man in einem Cafe auf sehr vielen Facebook-Oberflächen sieht. Es wird noch dauern, bis Google hier die Nase vorn hat. Möglich, dass sich Google damit nicht durchsetzt.

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