Neues Google News-Meta-Tag, deutsche Verlage und Leistungsschutzrecht
Google hat ein neues „Meta-Keywords-Tag“ eingeführt, das explizit nur für Google-News relevant sein soll (siehe offizieller Google-Blog: A newly hatched way to tag your news articles). So weit so überraschend. Das Meta-Tag „Keywords“ ist schon seit Jahren irrelevant, zumindest wenn es um das Ranking bei Google geht. Das neue tag „news_keywords“ ist im Prinzip nicht anderes. Nur zielt es explizit auf das Ranking in Google News. Erstaunlicherweise gibt es anscheinend keinerlei Absprache mit Bing oder anderen Suchmaschinen. Und auch das W3C, das ja eigentlich für den HTML-Code inkl. Meta-Tags verantwortlich ist, scheint überhaupt nicht involviert zu sein. Merkwürdig …
Eigentlich – da sind sich die meisten Experten einig – ist das „news_keywords“ Tag vollkommen überflüssig. Und es widerspricht komplett der Logik, die Google in den vergangenen Jahren gegangen ist. Das News-Metatag ist doch im Grunde vollkommen „eindimensional„. Es ist extrem einfach, damit Spam zu betreiben. Von solchen eindimensionalen Signalen hatte sich Google schon lange verabschiedet. Doch nun das? Warum?
Google begründet es damit, dass man auch bei originelle und kreativen Überschriften ermitteln müsse, worum es in dem Artikel geht. Zitat:
To help solve this problem, today we’re excited to announce a news_keywords metatag. The goal is simple: empower news writers to express their stories freely while helping Google News to properly understand and classify that content so that it’s discoverable by our wide audience of users.
Hallo!? Ich kann das einfach nicht glauben, wie Google hier seine Möglichkeiten unter den Scheffel stellt. Zur Erinnerung: Google ändert in den organischen Ergebnissen inzwischen von sich aus die Überschriften in den Suchergebnissen, wenn sie algorithmisch ermittelt haben, dass es zu dem Inhalt eine besser geeignet Überschrift gibt. Und nun will man uns weißmachen, man braucht „Meta-Keywords“ um zu verstehen, worum es sich in einem Artikel handelt!? … Das scheint mir mehr als unwahrscheinlich.
Vielleicht ist es ja nur ein pfiffiger Schachzug ist, um die aufmüpfigen deutschen Verlagen in dem schwelenden Streit in Sachen „Leistungsschutzrecht“ auszutricksen!?
Hol- und Bringschuld in Google News
Wer hat in Sachen Google-Suche eigentlich eine Hol- und wer eine Bring-Schuld? Der Google-Algorithmus – wie natürlich auch der Google-News-Algorithmus – arbeitet automatisiert. Er listet alle Ergebnisse auf, die der Bot findet. Dazu gehören natürlich auch die Artikel der großen Verlage. Die sind aber nun sauer, weil sie in ihrer rückwärts gewandten Denke glauben, dass die Snippets (Mini-Extrakte), die Google in den Ergebnissen zeigt, doch ihr verlegerisches bzw. redaktionelle Eigentum seien. In einer unsäglichen Kampagne hat die Bundesregierung mit ihrem Internet-Vordenker Eckhard von Klaeden (dessen Bruder interessanterweise bei Springer für die „Regierungsbeziehungen“ zuständig ist, siehe dazu Artikel bei Sascha Lobo), die Regierung hat also ein „Leistungsschutzrecht“ durchgeboxt. Nun soll Google verpflichtet werden, die Verlage für die Nutzung der Snippets zu bezahlen.
Im Grunde ist es so: ich male ein Bild. Damit gehe ich damit los und klebe es mit Klebestreifen von außen an die Fensterscheibe einer Galerie. Dann geh ich in die Galerie und verlange von dem Galeristen eine Provision, weil es seine Galerie aufwertet. Wenn der Galerist das ablehnt, berufe ich mich auf ein Leistungsschutzrecht, das die Regierung beschlossen hat. Ok, der Vergleich hinkt, weil mich der Galerist gleich zum Teufel jagt. Aber nichts anderes verlangen letztlich die Verlage – und haben das aus mir unerfindlichen Gründen auch durchgesetzt.
Absurd …
Das Ganze ist extrem widersprüchlich und kommt dem gesunden Menschenverstand völlig absurd vor. Theoretisch könnten die Verlage ja den Googlebot über die Robots.txt aussperren. Aber das wollen die ja gar nicht, sie wollen ja abkassieren. Auf der anderen Seite könnte Google die Verlage auch einfach rauswerfen (was viele auch vermuten, dass es so kommen wird). Aber natürlich erwarten viele Nutzer von Google News, dass die etablierten News-Portale in den Ergebnissen vertreten sind. Es ist also gar nicht so einfach. Im Grunde heißt das Spielchen: sich den Schwarzen Peter zuschieben. Ein Machtspielchen …
Werden die Verlage das „News-Keywords“-Metatag einsetzen?
Mit dem neuen News-Snippet stellt sich nun die Frage: was passiert, wenn die Verlage es nun einsetzen? Da es sich um ein reines „Google-Meta-Tag“ handelt, kann man nicht argumentieren, man müsse W3C-Standards folgen. Nein, es ist ein Tag, dass nur für die Suchmaschinenoptimierung bei Google gedacht ist. Wer das einsetzt, sagt, dass er bei Google gelistet werden möchte. Im Sinne des Schwarzen-Peter-Spielchens haben die Verlage dann wieder die schlechteren Karten. Denn offensichtlich wollen sie ja bei Google-News gelistet werden.
Fazit
Kurzum: das neue Google-News-Metatag macht aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn – zumindest wenn man es aus Sicht des Google-Algorithmus betrachtet. Es ist kaum zu erwarten, dass die News-Ergebnisse dadurch besser werden könnten. Aus meiner Sicht kann es sich nur um einen politisch motivierten Schachzug handeln. Und falls nicht: es gäbe einen Haufen Signale zu Relevanz und Aktualität von News-Meldungen – vor allem im Social-Media-Bereich. Wenn Google zur Verbesserung der News-Ergebnisse die urzeitlichen Keywords heranzieht, dann ist das aus meiner Sicht ein klares Signal, dass Google echte Probleme hat …
Abschließend noch ein Video, in dem Matt Cutts, der Anchorman der Google Anti-Spam-Abteilung, deutlich macht, dass Google das meta tag „keywords“ nicht benutzt (von März 2012):
Matt Cutts: How much time should I spend on meta tags, and which ones matter?
Ich bin wirklich gespannt, wie Matt das neue Meta-Tag vorstellt und begründet …
Weitere interessante Artikel zum Thema
- Google News Blog: A newly hatched way to tag your news articles
- t3n: SEO: Google führt neuen Meta Tag für News-Artikel ein
- Sascha Lobo (bei SpiegelOnline): Webfirmen starten Allianz gegen Leistungsschutzrecht
- Xoomix: Mit Sex und iPhone: Wie der Burda-Verlag Google News austrickst
- Thorben Leuschner hat schon das entsprechende WordPress-Plugin veröffentlicht: Google News Keywords WordPress Plugin
30 Gedanken zu „Neues Google News-Meta-Tag, deutsche Verlage und Leistungsschutzrecht“
Hi Martin,
ich seh das genauso wie du. Die Meta-Keywords wieder aufleben zu lassen und sei es nur für die News, ist Schwachsinn. Davon hat keiner was.
Würd mich nicht wundern, wenn demnächst noch einige sog. SEOs auftauchen und behaupten, dass die Keywords für alle wieder wichtig sind. Das gäb ne Diskussion ;)
Gogle macht das ganz sicher mit einem Hintergrund, der uns noch einleuchten wird!!!
Gibt es in den USA eigentlich auch Aprilscherze – oder werden die dort Septemberscherze genannt?
ich setze es seit heute morgen ein – es hat keinerlei nachvollziehbare wirkung
es dient vermutlich dazu weil einige verlage derart unsinnige titel einsetzen „Heute haben wir die oesterreicher vermoebelt“ und auch im textanfang nicht schreiben dass es um fussball geht und nicht um eine schlaegerei, google im extremfall wenn so gar nichts irgendwo hin passen will eine orientierungshilfe zu geben.
ach ja da gaebe es noch ein paar andere beispiele „und bi.. sprach mit dem toten, bum bum boris (muss ein richtiger schlaegertyp sein, in brasilien und thailand steht aber bumbum auch fuer was anderes) teppich luder boxen luder …..
Vielleicht ist das alles nur heiße Luft und es ist nur ein kurzer Hype. Wir müssen einfach abwarten. Ich denke nicht, dass dieses Meta-Tag irgendwelchen Einfluss haben wird.
Die Frage ist dann bloß: was soll das?
Diese Frage stell ich mir auch. Eigentlich macht dieses Meta-Tag auch keinen Sinn mehr oder Google hat daraus immer noch nicht gelernt. Ich bin mir zu 100% sicher, dass eine Spam-Flutwelle nicht lande auf sich warten lässt.
Martin, wie siehst Du die Ranking-Relevanz des Keywords? Ich habe mir dazu ein paar Gedanken gemacht und bin gespannt, was in den nächsten Wochen in den Google News zu beobachten ist. Per se bin ja dafür, die ganzen Verlage rauszuschmeissen bzw. einfach AGB aufzusetzen, dass man keine Forderungen an Google stellt. Dann wird mehr Platz in den News. :-)
Ja, habs gelesen. Danke fürs Aufgreifen des Themas. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass das Keywords-news-tag irgendwelche Veränderungen in den Serps mit sich bringt. Aber mal sehen, was die Toolanbieter in den kommenden Wochen messen…
auf jeden Fall gut, dass das Keyword-Tag bei mir nie rausgeflogen ist, jetzt kann es so mit einer kleinen Anpassung gleich weiter verwendet werden – ist fast so wie im richtigen Leben: Bloß nix wegwerfen.
Aber danke an Martin, das wäre sonst spurlos an mir vorbei gegangen mit dem neuen Tag.
Ja, das war schlau. Wer die Keywords stets gefüllt hat, der hat jetzt keine Probleme. Wobei das mit den alten Artikeln für Google News sowieso egal ist. Aber von der Logik her: wenn Google die Keywords tatsächlich für das News-Ranking brauchen sollte, dann wäre in der Tat zu fragen, ob sie es auch für den regulären Algo wieder einführen.
Meinst Du echt, dass das mit dem Leistungsschutzrecht zu tun hat? Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Allerdings muss es für durch das LSR „geschützte“ Seiten noch eine Auszeichnung geben, damit Suchmaschinen auch wissen, was es kostet, diese anzuzeigen.
Vielleicht ein Meta-Tag namens „LSR“ mit den möglichen values „TKP=5,20EUR“ oder „PPC=1,80EUR“ und dazu noch gleich die Bankverbindung zum Überweisen :-)
Ehrlich gesagt: ich habe keine Ahnung. Es ist pure Spekulation. Im Grunde ist es sehr unwahrscheinlich, dass Google wegen eine deutschen Problems eine globales Metatag einführt. Aber aus Algo-Sicht macht es einfach keinen Sinn, finde ich.
Da geb ich Dir Recht, einen tieferen Sinn kann ich auch nicht erkennen.
Hallo,
sollte Google den Verlagsseiten demnächst offiziell/inoffiziell eine Vergütung pro Klick auf die Serps auszahlen, muss definiert werden was, wie lange vergütet wird. Die Meta-News-Keywords könnten das Was definieren…
Grüße
Gretus
Wenn es so käme, würde ich mit meinem Blog übrigens auch bescheidene Ansprüche anmelden.
seit wann bist du in gnews martin? Aber wenn das so waere suchte ich eine Adresse in Deutschland.
Ich würde an Googles stelle mir das nicht gefallen lassen und alle die das Leistungsschutzrecht in Anspruch nehmen wollen komplett aus dem Index entfernen. Die werden nach einer Woche angekrochen kommen und darum betteln wieder aufgenommen zu werden.
Ich denke, dass Google das durchaus als Gefhar sieht, wenn es so kommen würde. Wie gesagt, viele Menschen nutzen Google „navigational“, also um Seiten zu erreichen, die sie auch direkt eintippen könnten. Ein nicht unwesentlicher Teil davon wird sicherlich über die News gehen. Google wird nicht riskieren wollen, diese User zu verlieren.
Die Seitenbetreiber noch viel weniger. Ist halt die Frage wer hier den längeren Atem hat.
die diskussion ueber das leistungsschutzentgelt ist meines erachtens unsinnig – hat man ja auch in belgien gesehen. wenn eine seite nicht mehr unter gnews gelistet wird fallen die zugriffszahlen ins bodenlose. focus unterhaelt eigene mitarbeiter die staendig die artikel „nachjustieren“ also ein bisschen etwas veraendern.
wenn eine seite 1 monat aus gnews geworfen wird verliert sie automatisch ihr story-ranking dass sie dann muehsam wieder aufbauen muss.
wobei eigentlich Gnews selber fast uninteressant ist – die universal search mit den newsoneBoxen macht das kraut fett
Und natürlich Universal-Search mit den Bildern. Da hat man mit geklauten Top-Bildern leichtes Spiel…
Ob Lois Phuket die Anspielung wohl verstanden hat? ;-)
Ja doch, hat er. Er hatte mir daraufhin eine E-Mail geschrieben und verlangt, ich solle mich für „den Schwachsinn“ entschuldigen. Später hat er sogar mit einer Anzeige wegen Verleumdung gedroht.
Na zumindest hat er wohl das sinnlose Kopieren von Bildern aus der Bildersuche aufgegeben und pumpt nun lieber „Prinzessin Kate Middleton“ und alles zum Thema Smartphones, Tabletts und iPhone/iOS in die Google-News.
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