Google ehrt Franz Kafka mit nettem Ungeziefer-Doodle
Der jüdische Schriftsteller Franz Kafka starb 1924 im Alter von nur 40 Jahren. Er hatte stets im Schatten seines dominanten Vaters gestanden, und ein aus seiner Sicht trauriges Leben geführt. Die Schreiberei – seine eigentliche Leidenschaft – brachte ihm zu Lebzeiten keinerlei Ansehen. Obwohl er sein schriftstellerisches Erbe eigentlich unter Verschluss halten wollte, wurde es von dem Nachlassverwalter Max Brod dennoch freigegeben. Heute zählt Franz Kafka zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Am 3. Juli jährt sich sein Geburtstag zum 130. mal – Grund genug für Google, ihn mit einem Doodle zu würdigen.
Das Doodle ist offensichtlich von Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ inspiriert. Es ist die Geschichte des Handlungsreisenden Gregor Samsa. Der Familienvater, der als Ernährer einer unbefriedigenden Arbeit nachgeht, wacht eines morgens auf … – und ist ein Ungeziefer. Während er zunächst über sein Leben sinniert, wird er zunehmend von der Realität eingeholt. Nach und nach verstößt ihn die Familie, bis er schlussendlich einsam stirbt und von den anderen mit großer Erleichterung entsorgt wird.
Das Doodle zeigt die Verwandlung eher als humorvolle, fast cartoonartige Illustration. Ungeziefer Gregor öffnet er fröhlich eine Zimmertür, was in krassem Gegensatz zur eigentlichen Geschcihte steht. Aber natürlich will Google auf seiner Startseite eine positive Stimmung verbreiten – kein leichtes Unterfangen, wenn man Kafka ehrt.
Der Apfel auf dem „l“ ist eine „Waffe“. In „der Verwandlung“ wirft der Vater mit Äpfeln auf seinen Ungeziefer-Sohn und verletzt ihn damit schwer am Rücken. Neben der seelischen entbrannt dadurch noch eine körperliche Qual. Die Google-Logo-Buchstaben wirken wie behaarte Insektenbeine. Aber das Ganze ist im Doodle weder eklig noch abstoßend. Das Doodle ist sehr nett, grafisch fast elegant und mit einem barocken Schwung der 50er Jahre. Ich würde sagen: sehr schön, aber Thema verfehlt :-) So wie auch in diesem Video, in dem die Musik eigentlich viel zu harmonisch ist. Das wirkt alles so, als gäbe es noch ein Happy-End. Bei Kafka gab es nie ein Happy-End.
Kafka und die armen Schüler
So ähnlich geht es wohl auch vielen Schülern, denn Kafka gehört zur Standard-Literatur in Deutschland, mit der sich praktisch jeder Schüler plagen muss. Im Grunde wiederholt sich alles: bei Kafka war es der Vater, heute sind es die Lehrer :-)
Kafka ist wohl auch deshalb so bedeutend, weil er einfach einen Haufen ungeordnetes Zeugs hinterlassen hat. Generationen von Literatur-Wissenschaftlern wühlen sich durch Briefe, Manuskripte und Romane, die so eine Fülle von Bezügen und Interpretationen bieten, dass man damit praktisch nie fertig wird. Vielschichtig und unauflöslich sind die Zauberworte …
Franz Kafka Briefmarke
Die deutsche Post hat Franz Kafka mit zwei Briefmarken gewürdigt (das waren die Doodles vor dem www). Hier ist die von 1983:
Weiterlesen über Franz Kafka:
Das schreiben andere
- Zeit.de: Wie schuldig war Kafka?
- Oceparx: Franz Kafka – Ungeziefer Google Doodle zum 130. Geburtstag
Btw. mich erinnert Kafka irgendwie an das legendäre, interaktive Doodle zu Ehren von Stanislaw Lem:
9 Gedanken zu „Google ehrt Franz Kafka mit nettem Ungeziefer-Doodle“
Ein Klassiker in der Schulzeit: Franz Kafka – die Verwandlung, ich zitierte „Gregor, Gregor – es ist dreiviertel sieben, Gregor“
Definitiv nicht mein Lieblingsautor, aber auch das Buch mit dem ich Ihn grundsätzlich in Verbindung bringe.
Das neueste Doodle zu Area51/Rosevell bzw. 60Jahre Ufo Absturz ist noch um einiges cooler find ich, vielleicht das beste Doodle bis hierher – interaktiv mit verschiedenen Lösungswegen – einfach ne tolle nummer. Allein der Anlass – der Hammer
Vielen Dank für diesen guten Beitrag. Ich finde es toll, das so große Leute in Erinnerung gehalten werden. Franz Kafka hat grossartiges geleistet und der Nachwelt viel hinterlassen.
Es ist schon äußerst erstaunlich wie häufig die Doodles jetzt auftauchen. Früher habe ich das noch für Umfragen genutzt. :-D
„Der Familienvater, der als Ernährer einer unbefriedigenden Arbeit nachgeht, wacht eines morgens auf … – und ist ein Ungeziefer.“
Gregor der Familienvater? Ich empfehle, das Buch (oder wenigstens den Wikipedia-Artikel…) noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen ;).
Ist immer noch eines meiner liebsten Doodles. Da haben sie sich wirklich was bei gedacht. Nicht oberflächlich … die Doodles werden auch immer besser, finde ich. Da sitzt ein gutes Team dran!
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