Google sucht nach Content-Qualität – aber wie?
Der Titel dieses Artikels könnte auch heißen: was ist qualitativ hochwertiger Content? Seit Monaten endet fast jeder Seo-Vortrag mit der Empfehlung: Macht guten, hochwertigen Content. Auch Google sagt seit Monaten nichts anders. Logisch!? Dahinter steckt die Überzeugung, dass Google hochwertigen Content immer besser erkennen kann. Oder eben anders herum: minderwertiger Content wird von Google heraus gefiltert und auf hintere Plätze in den Suchergebnissen verdammt. Die Frage ist jedoch: was ist überhaupt guter Content? Kann es überhaupt ein „optimales Ergebnis“ geben? Ich denke nicht…
Die Google-Suchmaschine ist – in Deutschland sowieso – die weltweit erfolgreichste. Googles Aufgabe ist es, die jeweils optimale Seite zu finden und per Algorithmus ganz vorne ranken zu lassen. Und die zweitbeste Website auf Platz 2 und so weiter. Um diese Reihenfolge zu ermitteln, hat Google einen Algorithmus, der inzwischen sehr viele Ranking-Signale auswertet und in das Ranking einfließen lässt. Nur leider: dieser gesamte Prozess ist bislang eindimensional und im Grunde von der falschen Seite aufgesattelt. Ich denke, dass die Suchmaschinenoptimierung sich seit langem auf einer Einbahnstraße befindet – auf die allerdings zugegebenermaßen Google die Webmaster dieser Welt gelotst hat: alles läuft auf das eine optimale Ergebnis heraus.
Gleiche Suchergebnisse für alle …
Das Problem: der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass das nicht gehen kann. Fast überall in unserer Wirtschaft wird heute nach Zielgruppen differenziert. Es ist eben ein Unterschied, ob man einer Oma oder ihrem Enkel etwas anbieten will. Auch die Unterscheidung zwischen Mann und Frau mag zwar langsam aus aufgeklärten Intellektuellen-Köpfen und -Betten verschwinden, wenn es allerdings um wirtschaftliche Interessen geht, bleibt die Trennung fundamental.
Kurz: die Google Suchergebnisse haben einen großen Nachteil: sie sind für alle gleich.
Gibt es einen „Mischungsfaktor“?
Aus diesem Grund hat Google nach meiner Überzeugung schon seit längerem einen kaum nachvollziehbaren Faktor eingeführt: die „Mischungsfaktor“ (wahrscheinlich gibt es hierfür einen Seo-Terminus, den ich nicht kenne.) Soll heißen: Google versucht, möglichst immer eine Palette von Ergebnisse mit unterschiedlichem Fokus anzubieten. Dadurch rutschen Seiten nach vorne, die dort eigentlich, gemessen an den herkömmlichen Faktoren, nicht zu finden sein dürften. Aber wie gesagt: das ist praktisch unmöglich zu analysieren und letztlich eine Theorie.
Nichtsdestotrotz bleibt das natürlich unbefriedigend und mehr oder weniger zufällig. Und nach meiner Überzeugung arbeiten die Google-Vordenker schon lange an der Frage, wie man die Suchergebnisse optimieren kann, indem man eben „Zielgruppen-relevante Ergebnisse“ anbietet. Die Einführung des Google-Plus-Buttons bietet nun eine erste, wenn auch sehr rudimentäre Möglichkeit für personalisierte Suchergebnisse: man findet nun häufig Empfehlungen aus dem Google-Freundeskreis. Allerdings scheint mir das meist bislang eher unbefriedigend zu sein – vielleicht habe ich einfach falsche Freunde ;-)
Zielgruppen-gerechte Suchergebnisse
Die konsequente Weiterentwicklung läuft nach meiner Überzeugung darauf hinaus, dass Google versuchen wird, Benutzer in Zielgruppen einzuteilen. Und die Suchergebnisse werden dann eben individuell generiert. Bzw: weil ganz individuell dann wohl doch zu aufwändig ware, wird es wohl über Zielgruppen laufen. Mögliche Kriterien dafür:
- Mann oder Frau
- Alter
- Einkommensverhältnisse
- Bildungsniveau
- Beziehungsstatus / Familiäre Verhältnisse
- Reisegewohnheiten
- Mobilität
- …
All diese Informationen lassen sich mittlerweile direkt oder indirekt aus dem Suchverhalten einzelner User (wenn sie denn eingeloggt sind) herauslesen. Und sicherlich noch weitaus mehr, als mir jetzt spontan einfallen. Theoretisch kann man sicherlich anhand der Suchanfrage selber schon Rückschlüsse auf den Bildungsgrad oder das Alter oder was auch immer ziehen, nur eben mit einer weitaus größeren Unsicherheit.
Die Benutzer definieren „Qualität“
Im Gegenzug kann Google natürlich auch auswerten, welche Ergebnisse für mich relevant zu sein scheinen und welche nicht. Und wenn nun jemand bei Google sucht, der mir ähnlich ist (Zielgruppe), dann wird er vermutlich mit ähnlichen Ergebnissen zufrieden sein wie ich. Wenn allerdings irgendein Bier-trinkender Bild-Leser-Gröllhansel nach dem gleichen Begriff sucht, dann wird Google ihm vermutlich irgendwann andere Ergebnisse anzeigen. Der PlusEins-Button ist da ein kleiner Baustein, aber eben nur ein kleiner.
Guter Content ist für jeden etwas anderes – die optimale Suchergebnisseite ist individuell.
Content Qualität an sich gibt s nicht
Content Qualität an sich kann es nicht geben. Die Qualität eines Contents hängt immer vom Leser / User ab. Der aktuelle Google-Algorithmus versucht zur Zeit wahrscheinlich, den „gehobenen Durchschnitt“ zu repräsentieren (siehe auch: „Das “Problem” Wikipedia aus Seo-Sicht„). Aber das kann auf Dauer und mit zunehmender Gewöhnung an die Suchmaschine als Navigationswerkzeug im Internet nicht funktionieren. Ich bin daher davon überzeugt, dass Googles Bemühungen schon seit längerer Zeit darauf hinauslaufen, individuelle Ergebnisse generieren zu können.
Universal-Search: Bilder, Videos, News etc.
Bei der Integration von vertikalen Spezialsuchen läuft es auf das Gleiche hinaus: einige ärgern sich darüber, dass so viele Videos eingeblendet werden. Sie haben keinen Bezug zu Videos, sondern lesen lieber ausführliche Artikel. Andere finden es eine Überforderung, mehr als 100 Wörter in Stück lesen zu müssen – sie schauen lieber Videos. Bei Bildern, News, Shopping etc ist es vergleichbar: für einige ist das relevant, für andere eben nicht. Ohne Individualisierung wird die Suchergebnisseite immer unscharf und zufällig bleiben.
Die individualisierte Suchergebnisse sind nicht weit weg…
Die spannende Frage ist natürlich: wann wird Google das System umschalten. Werden die Ergebnisse nur im eingeloggten Zustand individualisiert? Oder wird Google irgendwann genug Daten haben und der Algo so fein sein, dass die individualisierten Ergebnisse schon angezeigt werden, wenn man nur den ersten Buchstaben eingetippt hat?
Zukunftsmusik? Ich glaube, die Vergangenheit hat gezeigt, dass alles viel schneller geht, als wir gerade noch dachten… Auf jeden Fall halte ich diese Farmer-, Panda- und wie die Algo-Updates auch heißen, für Rumdoktorei, die das Kernproblem nur kaschieren.
Weiterlesen in älteren Artikeln
- Panda in Deutschland angekommen!
- Die Bewertungsschlacht: Social Media als Zielgruppen-Einordnung
- Meine kleine Content-Farm – oder: was ist Qualität?
31 Gedanken zu „Google sucht nach Content-Qualität – aber wie?“
Ich finde diese kritische Sichtweise sehr gut. Natürlich frage ich mich auch oft was guter Content denn nun sein soll und wie Google das herausfiltern will. Ein Punkt der hier nicht erwähnt wurde, ich aber oft darüber nachdenke, ob Google prüft wie lange die Besucher auf der Landingpage verweilt sind nachdem sie auf einen Link geklickt haben. Denn guten und vor allem themenrelevanten Content könnte man ja an der Lesedauer erkennen. Sind viele Besucher auf der Seite welche den Text nur schnell überfliegen und wieder zu den Serps zurück kehren, könnte das ein Indiz dafür sein dass der Inhalt nicht gerade sehr relevant ist für den Suchenden / das Keyword.
über die Verweildauer wurde ja schon viel spekuliert. Wenn, dann müsste Google ein Verhältnis zwischen der relevanten Textmenge und der Lesedauer herstellen. aber auch das ist nicht zwingend ein Signal. Wenn man schon nach einem Absatz das gefunden hat, was man sucht, ist man eben schnell wieder weg, obwohl das Ergebnis stimmt. Interessanter ist in dem Zusammenhang eher die Tatsache, ob jemand nach einem Klick auf ein Ergebnis in die Google-Suche zurückkehrt und noch einmal auf ein anderes Ergebnis klickt. aber auch das kann verschiedene Gründe haben…
Eigentlich bin ich ganz froh, dass ich nicht der Google-Algo sein muss ;-)
Hi Martin,
toller Beitrag und trifft den Kern. Ich denke das gerade Bounce-Rates und CTR bei den nächsten Updates noch etwas wichtiger werden.
Wenn allerdings deine Zukunftsvision wahr wird – können wir eigentlich alle einpacken… Dann muss der Content nur so aufbereitet sein, das Google ihn lesen kann und die Seite rankt automatisch..
LG
Nicole
nee, ich glaube, es wird dann eben nur noch sehr viel differenzierter: „Zielgruppen-gerichtetes Seo“ eben :-)
Ist SEO wieder tot ? ;-) winkewinke
kommt drauf an, wie alt man ist :-)
Anders gesagt: womit man vergleicht.
Wer sich beispielsweise beim Keyword SEO die Ergebnisse auf Seite 3 (bei mir) anschaut und etwa auf blog-sem-seo.de oder seo-seo-seo-seo.de (wie war das mit den spammy Bindestrichen?) einen Blick wirft, der sieht Seiten, die gelinde gesagt mit keinem der Panda-Kriterien auch nur ansatzweise zu tun haben. Auch gäbe es sicherlich viele gute andere Treffer bei diesem Keyword. Ergo…
hehe, naja, prinzipiell wären natürlich auch individuelle Suchergebnisse nicht „spamfrei“. Also so ein Ergebnis würde dann vermutlich weit vorne ranken, wenn man zur Gruppe „SEO“ gehört ;-)
Top Artikel und endlich mal ohne den übliche Slogan „schreibt guten Content“. Auch ich glaube, dass der +1 Button nur der erste Schritt in die Richtung der individuellen Ergebnisse ist. Zumindest ist es für Google der erste Anhaltspunkt, zu welcher Zielgruppe man gehört. Ob Google allerdings allein durch eine Suchanfrage weiß, wer die Frage stellt (sprich: Alter, Geschlecht, etc.) kann ich mir nur bedingt vorstellen. Hier hilft natürlich auch +1 wieder nach ;)
Hi Martin,
schwierig für Google das alles zu lösen. Ich denke der Schlüssel liegt darin dass sich die User bei Google einloggen und damit völlig transparent machen. Da werden ja dann nicht nur die Searches ausgewertet. Im Moment sind es aber glaube ich nur ca. 10% im eingeloggten Zustand, weis nicht genau… Vielleicht zwingt Google Plus die Masse der Leute ja irgendwann dazu dauernd eingeloggt zu sein…
LG, Marcel
…noch nicht gemerkt, dass Google-Ergebnisse bereits individualisiert sind?
Naja, es werden ein oder zwei Empfehlungen aus dem Google-Freundeskreis eingeblendet, das stimmt. Aber wirklich individualisiert ist das nach meinem Verständnis noch nicht (hatte ich oben auch geschrieben ;-).
Hallo Martin,
Inspirierender Beitrag!
Mir gefällt die Pauschalaussage „Schreibt guten Content“ auch überhaupt nicht, weil so wieder mal nur alles undifferenziert platt gebügelt wird. Ich habe mal ein wenig was unstrukturiert zusammengetragen, was mir spontan dazu eingefallen ist…
Zu Deiner These:
Guter Content ist Zielgruppengerechter Content > Unterschreib ich sofort :-)
Zielgruppengerechter Content via Streung der Perspektiven/ Fokusbereiche der Ergebnisse > Auch schon zu oft in letzter Zeit gesehen, als dass es ein Zufall sein könnte…
Was ist noch guter Content?
– Aktuell (Vgl. Freshness Update)
– Empfohlener Content (Vgl. Social Search/ Graph)
– Individuelle Interessen berücksichtigender Content (Vgl. Personalisierte Suche)
– Verlinkter Content („oldschool“ Empfehlung, klass. SEO)
– Gerätespezifischer Content (Smartphone? Desktop? Tablet?)(-> Da kommt dann auch responsive Webdesign zum Tragen)
– GEO-sensitive Ergebnisse (Lokaler Bezug „Around me“)
– Zeitkritischer Content (Real Time Search > Google braucht zwingend Twitter o.ä.)
– Bandbreite der Medien (Universal Search)
– …
– …
Was gibt’s noch an Möglichkeiten um zielgruppengerechten Content auszuliefern? Noch mehr Vorschläge fände ich klasse!
Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass die Vergegenwärtigung der Aufgabe, die sich Google gestellt hat, den stets wiederkehrende Prüfstein für die „SEO-Denke“ der kommenden Zeit darstellt.
Dass nun endlich differenzierende Aspekte wie „Zielgruppen“ in den SEO-Fokus geraten, ist in jedem Fall eine sinnvollere Herausforderung (und so neu auch wieder nicht, wenn man ehrlich ist), als den X. Link von irgendeiner dubiosen Seite zu kaufen, wirre Texte in AVZs zu knallen und wahllos Traffic zu generieren…
Gruß,
Sebastian
P.S. Wenn ich mir mal anschaue, wie das mit der Personalisierung der Suche abläuft, habe ich übrigens das Gefühl, dass nicht mit „Zielgruppen“, sondern tatsächlich mit „individuellen“ Ergebnissen hantiert wird.
Danke, Sebastian, für die Ergänzungen :-)
zum PS: natürlich wird das letztlich nach individualisierten Ergebnissen aussehen. Aber die Art und weise, wie sie generiert werden, wird nach meiner Einschätzung über eine Einteilung von Personen in Grupen erfolgen. Man könnte es auch „Schubladen“ nennen ;-)
Das würde bedeuten, dass der „BILD-Gröhlhansel“ durch sein Verhalten in der Vergangenheit determiniert, was er in der Zukunft zu sehen bekommt. Sprich: wenn er dann mal was Sinnvolles sucht, dann wird im möglicher Weise trotzdem der letzte Schmonz präsentiert.Ergo: vergangenes Verhalten determiniert die Impulse der Zukunft. In einer Wissensgesellschaft nicht das nonplusultra…
Ich sehe schon tausende „Manager“ (die bekanntlich Bild lesen, aber natürlich nur, um zu wissen, was „das Volk“ so denkt), die verzweifelt nach Content zu Fachthemen suchen, aber immer nur auf „BWL Tutorial by Justin Bieber“ landen.
Ja, das ist ein Problem. Allerdings steckt da die These drin, dass man sich über das Internet bzw. speziell mit Hilfe von Google weiterbildet (oder weiterbilden möchte). Das könnte ein Anspruch von Google-Seite sein, aber ich denke nicht, dass denen das wichtig ist. Von Seiten der User wage ich das zu bezweifeln.
@Media Addicted
Das ist ja genau die brisante Gefahr der „Filter Bubble“, von der Eli Pariser et. al. sprechen. Hier hilft wohl eigentlich nur eine Vielzahl an Googele Accounts, z.B. einen „schlauen“, einen „sportinteressierten“, einen „niveaulosen“ und mit denen sucht man dann bei Google ;-)
Sehr interessant. Nicht umsonst sammelt Google Daten der Suchenden. Warum kann Google nicht Orts nah suchen (IP). Web Leichen gibt es ja auch noch recht viele die bei der Suche erscheinen. Hier könnte Google lastModified abfragen z.B .
Gehen wir doch auch mal über Google hinaus. Guter, „hochwertiger Content“ wird ja in vielen Bereichen benötigt, auch ohne Suchmaschine, von der alles abhängig ist. Der Punkt ist, dass man die Menschen, die man mit seinem Angebot erreichen möchte, auch mit attraktiven Inhalten versorgen sollte. Nicht nur im Online-Marketing spielt hochwertiger Content (besonders nach dem Google Panda Update) eine große Rolle. Beispielsweise wird guter Content auch im Direktmarketing immer wichtiger: ( http://www.marketingfish.de/all/direktmarketing-trends-fuer-2012-5467/ )Ein Riesenvorteil von hochwertigem Content ist unbestritten die Tatsache, dass man sich einen Expertenstatus aufbauen kann. Der Zielgruppe vermittelt dies Vertrauen!
@ Martin
Super Artikel!
Sehe auch so, Google – Crawler ist in erster Linie ein Algorithmus.
Folglich kann er nicht exakt die Relevanz beziehungsweise die Qualität
des Content bewerten.
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